Speichenbruch: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Gründe und Abhilfe für den "Speichenbruch"''', der eigentlich immer ein Reißen bei der Zugbeanspruchung der Speiche ist.
== Gründe und Abhilfe für den "Speichenbruch" ==
Dafür ist grundsätzlich das Verständnis nötig, dass jede Speiche im richtig gebauten Laufrad stark vorgespannt ist, typischerweise mit 800 bis 1300N. Die Nabe "hängt" also gewissermaßen in den Speichen, die von der Nabe nach oben zeigen; die Speichen, die von der Nabe aus in Richtung Boden weisen, werden dabei stark entlastet, die restlichen nur sehr schwach zusätzlich belastet.
Je größer nun der Unterschied zwischen Be- und Entlastung ist, desto schneller ermüdet das Material, und es kommt zu einem Dauerbruch.


,der eigentlich immer ein Reißen bei der Zugbeanspruchung der Speiche ist.
Die Speichen sind im gebauten Laufrad stark vorgespannt ist, typischerweise mit 800 bis 1300N (=ca. 80-130kg). Die Nabe "hängt" also gewissermaßen in den Speichen, die von der Nabe nach oben zeigen.
Die Speichen, die von der Nabe aus in Richtung Boden weisen, werden dabei stark entlastet (weil die Felge der Nabe entgegenkommt, sich messbar, aber nicht sichtbar etwas eindellt), die restlichen Speichen hingegen nur sehr schwach zusätzlich belastet.
Je größer nun der Unterschied zwischen Be- und Entlastung ist, und je tiefer die Entlastung, desto schneller ermüdet das Material, und es kommt zu einem Dauerbruch.
Eine Speiche hält wesentlich stärkere Zugkräfte aus, als die Felgen und Naben. Auch werden Speichen während des Fahrens kaum zusätzlich gespannt (+50 bis 100N), werden aber stark entspannt (-350 bis 400N, bei Schlaglöchern und hoher Beladung eher sehr viel mehr mehr).  
Eine Speiche hält wesentlich stärkere Zugkräfte aus, als die Felgen und Naben. Auch werden Speichen während des Fahrens kaum zusätzlich gespannt (+50 bis 100N), werden aber stark entspannt (-350 bis 400N, bei Schlaglöchern und hoher Beladung eher sehr viel mehr mehr).  
Reißt eine Speiche also beim Überfahren eines Hindernisses, muss sie schon vorher stark geschädigt gewesen sein. Dies muss nicht sichtbar sein und kann im Material quasi unsichtbar geschehen. Eine intakte Speiche reißt aus der [[Felge]] oder dem [[Nabenflansch]] heraus, wenn die Spannung zu hoch wird.


Ein Reissen der Speiche durch zu hohe Spannung kann theoretisch also nicht vorkommen, weil sie sehr viel Reserven nach oben haben (bis zu 3500-4000N) und im Betrieb kaum zusätzliche Spannung erfahren. Speichenbrüche sind die Folge von zu starker Entlastung unterhalb der Nabe, in Kombination mit der großen Anzahl der Entlastungen (500mal ent- und wieder belastet pro km). Es sind Dauerschwingbrüche.
Reißt eine Speiche also beim Überfahren eines Hindernisses, muss sie schon stark geschädigt gewesen sein. Dies muss nicht sichtbar sein und kann im Material quasi unsichtbar geschehen. Eine intakte Speiche reißt aus der [[Felge]] oder dem [[Nabenflansch]] heraus, wenn die Spannung zu hoch wird.
 
Ein Reissen der Speiche durch zu hohe Spannung kann theoretisch also nicht vorkommen, weil sie sehr viel Reserven nach oben haben (bis zu 3500N und mehr) und im Betrieb kaum zusätzliche Spannung erfahren. Speichenbrüche sind die Folge von zu starker Entlastung unterhalb der Nabe, in Kombination mit der großen Anzahl der Entlastungen (500mal ent- und wieder belastet pro km). Es sind Dauerschwingbrüche.




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bruch am Speichenbogen]]
bruch am Speichenbogen]]


=====Zu niedrige Speichenspannung=====
===Zu niedrige Speichenspannung===
Einer der häufigsten Gründe für einen Bruch der [[Speiche]] ist eine ungleiche und/oder zu niedrige [[Speichenspannung]].  
Einer der häufigsten Gründe für einen Bruch der [[Speiche]] ist eine ungleiche und/oder zu niedrige [[Speichenspannung]].  


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Eine hohe Speichenspannung ist wichtiger als eine in allen Speichen gleichmäßige.
Eine hohe Speichenspannung ist wichtiger als eine in allen Speichen gleichmäßige.


=====Instabile [[Felge]]=====
===Instabile [[Felge]]===
Neben ungleichmäßiger Speichenspannung kann auch die Felge für Speichenbrüche verantwortlich sein. Die Be- und Entlastung verteilt sich auf um so mehr Speichen, je steifer die Felge ist. Deshalb ist eine "weiche" Kastenfelge (im Hinterrad) oder eine Leichtbaufelge meist nicht für Fahrer über 100 Kg oder Gepäcktransport geeignet. Man sollte hier eine Hohlkammerfelge mit hohem Gewicht (auf keinen Fall Leichtbau), hohem Profil und/oder großer Maulweite über 19mm wählen, um häufigen Speichenbrüchen ein Ende zu bereiten.
Neben ungleichmäßiger Speichenspannung kann auch die Felge für Speichenbrüche verantwortlich sein. Die Be- und Entlastung verteilt sich auf um so mehr Speichen, je steifer die Felge ist. Deshalb ist eine "weiche" Kastenfelge (im Hinterrad) oder eine Leichtbaufelge meist nicht für Fahrer über 100 Kg oder Gepäcktransport geeignet. Man sollte hier eine Hohlkammerfelge mit hohem Gewicht (auf keinen Fall Leichtbau), hohem Profil und/oder großer Maulweite über 19mm wählen, um häufigen Speichenbrüchen ein Ende zu bereiten.


=====Schrägstehende [[Speichennippel]]=====
===Schrägstehende [[Speichennippel]]===
Reißen die Speichen direkt am Nippel, liegt das meist daran, dass die Nippel sich in der Felge nicht richtig in Speichenrichtung ausrichten konnten. Dann drücken die Nippel seitlich auf die Speiche, was sie zusätzlich belastet. Abhilfe kann eine Felge mit Ösen schaffen, da sich der Nippel hier meist besser ausrichten kann. Aber auch bei ungeösten Felgen kann man durch Fetten der Nippel beim Einspeichen, sorgfältiges Abdrücken und die Verwendung von hochwertigen, abgerundeten Nippeln (Sapim "Polyax",DT Swiss "DT Pro Head") das Ausrichten der Nippel so erleichtern, dass diese Art von Brüchen nicht mehr vorkommen sollte. Insbesondere bei Naben mit großem Flansch (zum Beispiel Rohloff Speedhub 500/14) in Verbindung mit 559er (26") Felgen sind die genannten Nippel zu empfehlen.
Reißen die Speichen direkt am Nippel, liegt das meist daran, dass die Nippel sich in der Felge nicht richtig in Speichenrichtung ausrichten konnten. Dann drücken die Nippel seitlich auf die Speiche, was sie zusätzlich belastet. Abhilfe kann eine Felge mit Ösen schaffen, da sich der Nippel hier meist besser ausrichten kann. Aber auch bei ungeösten Felgen kann man durch Fetten der Nippel beim Einspeichen, sorgfältiges Abdrücken und die Verwendung von hochwertigen, abgerundeten Nippeln (Sapim "Polyax",DT Swiss "DT Pro Head") das Ausrichten der Nippel so erleichtern, dass diese Art von Brüchen nicht mehr vorkommen sollte. Insbesondere bei Naben mit großem Flansch (zum Beispiel Rohloff Speedhub 500/14) in Verbindung mit 559er (26") Felgen sind die genannten Nippel zu empfehlen.


[[Kategorie:Laufrad]][[Kategorie:Reparatur]]
[[Kategorie:Laufrad]][[Kategorie:Reparatur]]

Version vom 29. August 2010, 13:08 Uhr

Gründe und Abhilfe für den "Speichenbruch"

,der eigentlich immer ein Reißen bei der Zugbeanspruchung der Speiche ist.

Die Speichen sind im gebauten Laufrad stark vorgespannt ist, typischerweise mit 800 bis 1300N (=ca. 80-130kg). Die Nabe "hängt" also gewissermaßen in den Speichen, die von der Nabe nach oben zeigen. Die Speichen, die von der Nabe aus in Richtung Boden weisen, werden dabei stark entlastet (weil die Felge der Nabe entgegenkommt, sich messbar, aber nicht sichtbar etwas eindellt), die restlichen Speichen hingegen nur sehr schwach zusätzlich belastet.


Je größer nun der Unterschied zwischen Be- und Entlastung ist, und je tiefer die Entlastung, desto schneller ermüdet das Material, und es kommt zu einem Dauerbruch. Eine Speiche hält wesentlich stärkere Zugkräfte aus, als die Felgen und Naben. Auch werden Speichen während des Fahrens kaum zusätzlich gespannt (+50 bis 100N), werden aber stark entspannt (-350 bis 400N, bei Schlaglöchern und hoher Beladung eher sehr viel mehr mehr).

Reißt eine Speiche also beim Überfahren eines Hindernisses, muss sie schon stark geschädigt gewesen sein. Dies muss nicht sichtbar sein und kann im Material quasi unsichtbar geschehen. Eine intakte Speiche reißt aus der Felge oder dem Nabenflansch heraus, wenn die Spannung zu hoch wird.

Ein Reissen der Speiche durch zu hohe Spannung kann theoretisch also nicht vorkommen, weil sie sehr viel Reserven nach oben haben (bis zu 3500N und mehr) und im Betrieb kaum zusätzliche Spannung erfahren. Speichenbrüche sind die Folge von zu starker Entlastung unterhalb der Nabe, in Kombination mit der großen Anzahl der Entlastungen (500mal ent- und wieder belastet pro km). Es sind Dauerschwingbrüche.


Dauerschwing- bruch am Speichenbogen

Zu niedrige Speichenspannung

Einer der häufigsten Gründe für einen Bruch der Speiche ist eine ungleiche und/oder zu niedrige Speichenspannung.

Hat man im Laufrad eine große Speichenspannung, verteilt sich die Achsbelastung (bzw. der Lastwechsel bei jeder Radumdrehung) auf mehr Speichen, was jede einzelne Speiche schont und länger leben lässt.

Hat man eine geringe Speichenspannung, wird die Achslast bei jeder Radumdrehung auf nur wenige Speichen verteilt, wodurch die Entlastung der Speichen unterhalb der Nabe steigt (statt -350N bei 5 tragenden Speichen, z.B. -500N bei nur 3 tragenden Speichen). Sie brechen dann meist im Speichenbogen am Nabenflansch.

Eine zu schwach gespannte Speiche, die immer wieder bei einer Radumdrehung, oder hin und wieder bei z.B. Schlaglöchern, vollständig entspannt wird, wird durch den (ständigen) Wechsel von voller Entspannung zu Anspannung, nochmals stärker belastet, was einen Dauerbruch nur zu einer Frage der Zeit macht.

Eine hohe Speichenspannung ist wichtiger als eine in allen Speichen gleichmäßige.

Instabile Felge

Neben ungleichmäßiger Speichenspannung kann auch die Felge für Speichenbrüche verantwortlich sein. Die Be- und Entlastung verteilt sich auf um so mehr Speichen, je steifer die Felge ist. Deshalb ist eine "weiche" Kastenfelge (im Hinterrad) oder eine Leichtbaufelge meist nicht für Fahrer über 100 Kg oder Gepäcktransport geeignet. Man sollte hier eine Hohlkammerfelge mit hohem Gewicht (auf keinen Fall Leichtbau), hohem Profil und/oder großer Maulweite über 19mm wählen, um häufigen Speichenbrüchen ein Ende zu bereiten.

Schrägstehende Speichennippel

Reißen die Speichen direkt am Nippel, liegt das meist daran, dass die Nippel sich in der Felge nicht richtig in Speichenrichtung ausrichten konnten. Dann drücken die Nippel seitlich auf die Speiche, was sie zusätzlich belastet. Abhilfe kann eine Felge mit Ösen schaffen, da sich der Nippel hier meist besser ausrichten kann. Aber auch bei ungeösten Felgen kann man durch Fetten der Nippel beim Einspeichen, sorgfältiges Abdrücken und die Verwendung von hochwertigen, abgerundeten Nippeln (Sapim "Polyax",DT Swiss "DT Pro Head") das Ausrichten der Nippel so erleichtern, dass diese Art von Brüchen nicht mehr vorkommen sollte. Insbesondere bei Naben mit großem Flansch (zum Beispiel Rohloff Speedhub 500/14) in Verbindung mit 559er (26") Felgen sind die genannten Nippel zu empfehlen.