Picardie: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 13. Januar 2014, 19:23 Uhr

Lage der Region

Die Picardie ist eine Region im Norden Frankreichs, zwischen Paris und der belgischen Grenze. Hauptort ist Amiens.

Vorstellung der Region

Kathedrale von Amiens

Die Picardie gehört nicht zu den touristisch gefragtesten Regionen Frankreichs, spektakuläre Landschaften besitzt sie nicht. Persiflierend wird schon mal ein Kohlkopf zum Symbol der Picardie erhoben. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Picardie viele interessante historische Stätten besitzt.

Die Provinz Picardie bestand unter dem Ancien Régime nur aus der Region um Amiens, der Süden gehörte zur Provinz Île-de-France, dem Machtzentrum des Königreichs. Die Wiege der Gotik befand sich nicht zuletzt hier, die im 12. und 13. Jahrhundert entstandenen Kathedralen von Amiens, Beauvais, Laon, Noyon, Senlis und Soissons lassen die Entwicklung des Baustils nachvollziehen. Unübersehbar auf der Landkarte sind die vielen Soldatenfriedhöfe des Ersten Weltkriegs, von dem die Region schwer betroffen war.

Die Topographie der Picardie kennt weder Mittelgebirge noch Ebenen. Weite Landstriche sind nicht nennenswert durch Flusstäler gegliedert bzw. letztere werden für die Straßenführung kaum genutzt, so dass eine Fahrt durch die Region oft einer endlosen Abfolge kleiner Hügel gleicht.

Verwaltungsmäßig besteht die Picardie aus den Départements Aisne, Oise und Somme.

Aisne

Das Département Aisne bildet den östlichen Teil der Region. Schmal, aber langgestreckt reicht es von der belgischen Grenze bis über die Marne hinaus. Von keiner offensichtlichen geographischen Klammer zusammengehalten, bietet es dennoch ein einheitliches Bild: abgeschiedene Dörfer über Berg und Tal verstreut, im Süden und in der Mitte viel Wald. Größte Orte sind die Hauptstadt Laon, dessen Oberstadt vom Radfahrer etwas Krafteinsatz verlangt; das uralte Soissons, heute Bischofssitz; sowie St-Quentin am Oberlauf der Somme.

Der Norden des Départements, von der Oise durchflossen, ist ein Teil der Landschaft Thiérache, von Wehrkirchen geprägt; die namensgebende Aisne teilt das Département in der Mitte. Im Süden hat das Département Anteil an der Weinbau-Region Vallée de la Marne.

In der deutschen Erinnerung von den benachbarten Schlachten überschattet, tobte der Erste Weltkrieg auch hier. Im französischen Gedächtnis haftet vor allem die katastrophal gescheiterte Aisne-Offensive von 1917, die zu Meutereien führte. Am Chemin des Dames, einem Höhenzug nördlich der Aisne, befinden sich mehrere Gedenkstätten.

Oise

Schloss Pierrefonds

Oise ist das südliche der drei Départements. Landschaftlich gleicht es der Aisne, namentlich im Süden, wo es an die Île de France grenzt, ist es aber dichter besiedelt. Der namensgebende Fluss Oise durchmisst die Gegend von Nordost nach Süd und bietet eine gute Durchgangsachse für Touren von Belgien/Westdeutschland Richtung Paris (siehe unten).

Hauptort ist Beauvais mit seiner unvollendeten Kathedrale; der allzu kühne Bau mit dem bis heute höchsten Kirchengewölbe der Welt sorgte für statische Probleme, so dass nur der Chor und die Vierung gebaut wurden. Der durch Beauvais fließende Thérain und die normannische Béthune liegen in gerader Linie zueinander, eine günstige Verbindung Richtung Küste.

Das Département war vom Ersten Weltkrieg weniger betroffen als die beiden anderen der Region, doch ist der Name Compiègne durch den am 11. November 1918 abgeschlossenen Waffenstillstand untrennbar damit verbunden. Im Wald von Compiègne, der durch mehrere asphaltierte Radrouten erschlossen wird, liegt das Schloss Pierrefonds, von dem sich Ludwig II. von Bayern inspirieren ließ.

Wie Compiègne an der Oise liegt der alte Bischofssitz Noyon, wo Kathedrale und Stadtmitte einen Blick wert sind. Ganz im Süden sei noch das große Schlossanlage von Chantilly erwähnt, samt Park, Marställen und Pferderennbahn. Chantilly ist im Französischen zum Synonym von Sahne geworden.

Somme

Thiepval-Denkmal

Somme - die Geschichte der Welt kenne kein gräßlicheres Wort, schrieb ein deutscher Offizier nach der monatelangen Schlacht von 1916. Die ohnehin unglaublichen Geschehnisse gewinnen durch die knappe räumliche Dimension noch an Eindrücklichkeit: Rund 20 km misst die Länge des wichtigsten Frontabschnitts rund um Pozières, in dem jedes Dorf, selbst jeder Bauernhof Tausenden zum Schicksal wurde. Die Gegend wird heute insbesondere von englischsprachigen Touristen rege besucht.

Jenseits der Schlachtfelder hat die Gegend durchaus ihre Reize. Der Somme folgend, die von Teichen und Sümpfen gesäumt gemächlich nach Westen fließt (siehe unten), gelangt man zum einzigen Stück Küste der Region: Die Sommebucht ist ein Paradies für viele Vogelarten.

Zum Weltkulturerbe gehört die Kathedrale von Amiens, außerdem - als Teil eines größeren Ensembles in Nordfrankreich und Belgien - einige Belfriede. Eine Sehenswürdigkeit besonderer Art befindet sich in Naours nördlich von Amiens: die unterirdische "Stadt", ein ausgefeiltes Höhlensystem, bot den Bewohnern Schutz in Kriegszeiten.

Infos für die Reise

Öffentliche Verkehrsmittel

Die Anreise per Bahn aus dem deutschen Sprachraum wird vornehmlich über Paris erfolgen. Ab Paris wird die Picardie größtenteils vom Gare du Nord bedient, aufgrund der geringen Entfernungen meist mit TERs und Intercités mit problemloser kostenloser Fahrradmitnahme.

Die wichtigsten und schnellsten Verbindungen gehen nach Amiens (dort Verzweigung nach Arras/Lille bzw Abbeville/Boulogne) und nach St-Quentin (und weiter Richtung Maubeuge), Fahrzeit zu beiden Zielen 70 bis 90 Minuten. Nebenlinien bedienen Beauvais und Soissons/Laon. Einige Ziele am Südrand von Oise werden auch von Pariser Vorortzügen (Transilien) bedient, bei letzteren die Ausschlusszeiten beachten (Details).

Ausnahme ist der Südzipfel der Aisne mit Château-Thierry, dieser wird vom Gare de l'Est bedient.

Kartenmaterial

Die Regionalkarten von Michelin (1:200.000) und vom IGN (1:250.000) decken Picardie und Nord-Pas-de-Calais zusammen ab und sind wahrscheinlich die beste Wahl, zumal die Départementkarten von Michelin Somme, Aisne und Oise auf drei verschiedenen Karten verteilen.

Leihräder

Leihräder in Amiens

In Amiens gibt es ein Leihradsystem Vélam, das nach dem gleichen Prinzip wie das Pariser Vélib funktioniert.

Routen

Von den im Wiki beschriebenen Routen berührt eine die Region, im südlichen Zipfel um Château-Thierry.

Außerdem durchqueren folgende Radweit-Routen Teile der Picardie:

Größere ausgeschilderte Radrouten gibt es in der Gegend nicht, die AF3V (siehe Weblinks) führt nur ein knappes Dutzend kurze Lokalrouten auf. Im Folgenden werden zwei Traversen der Region skizziert, die man auf eigene Faust durchführt.

Entlang der Somme

Mohnblumen wurden zum Symbol britischen Kriegsgedenkens
Leuchtturm von Le Hourdel

Die Somme entspringt nordöstlich von St-Quentin, der von ihr zunächst beschriebene Bogen ist aber umwegig und nicht so interessant. Eine gute Verbindung ergibt sich etwa ab Péronne, von wo aus die Somme in vielen Mäandern eine westliche Richtung zum Meer einschlägt, in einem breiten Tal von vielen Teichen und Sümpfen begleitet. Eigentlich durchgehend findet man kleine Landstraßen direkt an der Somme oder die Flussbögen abschneidend mit bis zu 50 Hm Steigung.

In der Burg von Péronne ist das Historial de la Grande Guerre eingerichtet, ein von ein internationalen Experten eingerichtetes Museum, das den Ersten Weltkrieg von allen teilnehmenden Seiten und auch die gesellschaftlichen Hintergründe beleuchtet.

Auf der D1 die Bögen abschneidend, dann auf der D233 am Fluss gelangt man nach Corbie. Der Name der hiesigen Abtei, von der nur noch die Kirche steht, ist im Kloster Corvey bei Höxter erhalten. Oberhalb von Corbie, neben der D1, starb 1918 Manfred von Richthofen (der "Rote Baron"), dem in der Gegend mehrere Gedenktafeln gewidmet sind.

Nach Corbie hält man sich auf dem Nordufer und fährt über Lamotte-Brebière nach Camon. Ab hier kann man direkt an der Somme durch die Hortillonages fahren, einen charmanten Kleingarten- und Obstanbaugebiet inmitten kleiner zahlreicher kleiner Wasserläufe. Der Weg führt direkt bis an den Rand der Innenstadt von Amiens, deren Kathedrale bereits weiter oben erwähnt wurde.

Nach Amiens weiter am Nordufer auf der D191, ab Belloy der D259 und ab Flixecourt der D112 nach Abbeville, wo u.a. die Stiftskirche St-Vulfran und der Belfried zu sehen sind. Von hier aus kann man am linken Ufer der jetzt kanalisierten Somme weiterfahren, der Asphaltbelag ist etwas grob und teilweise mit Schotter versetzt. Der Weg folgt direkt nach St-Valery-sur-Somme, bereits an der Sommebucht gelegen und mit interessanter Altstadt.

Charmant ist noch die Weiterfahrt bis Le Hourdel am Ausgang der Sommebucht. Mit etwas Glück kann man in der Wattlandschaft Vögel und sogar Robben beobachten. Weiter an der Ärmelkanalküste ist die D102 quasi verkehrsfrei und teilweise vom Sand bedeckt. Die Küste ist hier noch flach, die Felsklippen der Côte d'Albâtre fangen erst bei Ault an, und bei Mers-les-Bains/Le Tréport ist die Normandie erreicht.

Entlang der Oise

Hôtel de Ville von Noyon

Die in Belgien entspringende Oise durchquert die Region in Nord-Süd-Richtung und liegt zusammen mit dem Sambre-Kanal in direkter Linie zwischen Paris und Brüssel. Die Radweit-Route Paris - Brüssel nutzt diese Verbindung teilweise aus, allerdings teilweise östlich parallel davon. Im Folgenden wird eine Variante beschrieben, die ohne große Umwege einige touristisch interessante Ziele einbindet.

Von Süden nach Norden fahrend weicht man im Dorf Baron von der Radweit-Route ab und erreicht über Rully und Raray die Oise bei Verberie. Ab hier am Nordufer. Vor Compiègne belebt sich der Verkehr etwas, man kann hier auch am Oise-Seitenkanal fahren, ein unfestigter Abschnitt dauert nur 500 m.

In Compiègne steht außer einem großen Schloss ein Denkmal von Jeanne d'Arc, die vor der Stadt gefangengenommen wurde. Die Clairière de l'Armistice, wo die Waffenstillstände von 1918 und 1940 unterzeichnet wurden, befindet sich abseits unserer Route im Wald.

Nördlich von Compiègne geht es zunächst auf der belebten D932 weiter. Ab Janville hat man zwischen Eisenbahnlinie und Kanal wieder mehr Ruhe. In Ourscamp sind die Ruinen der dortigen Abtei zu sehen. Noyon ist der Endpunkt unseres Ausflugs, hier sind vor allem die Kathedrale mit dem Bibliotheksgebäude und der Marktplatz zu sehen. Über die D87 nach Varesnes kehrt man wieder zur Radweit-Route zurück.

Weitere Routen

Wie oben erwähnt, gibt ein paar ausgewiesene Routen in der Region. Die am Sommekanal bei Abbeville wurde oben schon erwähnt. Von den anderen sei noch die umgewandelte Bahntrasse von Abbeville über St-Riquier (mit Belfried) zur Departementgrenze genannt, außerdem die Ringroute im Forêt de Compiègne; jene führt auf 26 km auf gut ausgebautem, asphaltierten Weg von Compiègne nach Pierrefonds. Hier steht ein bekanntes, romantisierendes Schloss aus dem 19. Jahrhundert. Über das Klosterdorf St-Jean-aux-Bois, wo man Paris - Brüssel kreuzt, zurück nach Compiègne. Die übrigen Voies vertes sind sehr kurz und für Radreisen meist nutzlos, siehe den Link unten für eine vollständige Liste.

Weblinks

Reiseberichte im Forum: