Poitou-Charentes
Poitou-Charentes ist eine Region im Westen Frankreichs. Sie liegt zwischen Gironde und Loire und grenzt an den Atlantik. Die Region besteht aus den Départements Charente, Charente-Maritime, Deux-Sèvres und Vienne, Hauptort ist Poitiers.
Vorstellung der Region
Der erste Bestandteil des Regionsnamens weist darauf hin, dass die Nordhälfte der Region einst zur Provinz Poitou gehörte (zusammen mit der Vendée, heute Bestandteil der Pays de la Loire). Der zweite Namensbestandteil verweist auf den Fluss, nach dem die beiden südlichen Départements, Charente und Charente-Maritime, benannt sind. Diese wurden aus mehreren kleineren Provinzen (Angoumois, Aunis, Saintonge) gebildet.
Für den Tourismus, inklusive den auf zwei Rädern, ist vor allem die Atlantikküste um La Rochelle mit den Inseln Ré und Oléron von Bedeutung, daneben das Sumpfgebiet Marais Poitevin zwischen Niort und Marans; diese Regionen sind weitgehend flach und daher einfach zu beradeln.
Im Inland hat die Achse Poitiers-Angoulême eine wichtige Durchgangsfunktion. Hier verbindet die Seuil du Poitou genannte Schwelle die beiden eher flachen Großlandschaften Frankreichs, nämlich das Pariser Becken und das Aquitanische Becken um Bordeaux; die Landschaft ist hier nur leicht hügelig und erreicht kaum einmal 200 m Meereshöhe. Dieser Übergang, der das Zentralmassiv westlicherseits umgeht, ist für Raddurchquerungen Richtung Südwestfrankreich bzw. Spanien von Interesse. Noch weiter westlich macht sich das Armorikanische Massiv bemerkbar, welches die Bretagne, aber auch die Vendée und Deux-Sèvres formt.
Mit unter 70 Einwohnern pro Quadratkilometer ist die Region nach französischem Maßstab etwas unterdurchschnittlich besiedelt. Verdichtungsräume gibt es außer in den Hauptorten der Départements eigentlich nur entlang der Küste.
Charente
Das Département Charente liegt im Südosten der Region. Obgleich ohne Sehenswürdigkeiten allerersten Ranges bietet es einige Abwechslung. Der Hauptort Angoulême ist für sein jährliches Comic-Festival bekannt. Unweit der Stadt liegen die Quellen der Touvre, wo aus dem Nichts ein über hundert Meter breiter Fluss entspringt. Das Wasser dieser Karstquelle versickert zuvor im Kalkstein des waldreichen Gebiets weiter östlich. Demselben Kalkstein sind im Süden des Départements mehrere Höhlenbauten zu verdanken, insbesondere die beeindruckende Höhlenkirche von Aubeterre-sur-Dronne.
Im Westen des Départements rund um Cognac erlaubt das Klima den Weinbau, im Norden dominiert die Landwirtschaft. Wichtigster Fluss ist die Charente, daneben ein Abschnitt der Vienne im Nordosten bei Confolens. Die Charente verläuft sehr gewunden, ihr Tal lässt aber noch als Basis für eine Route von Angoulême über Cognac nach Saintes nutzen. Die Vienne kann als Einfallsroute von Norden dienen (siehe unten).
Charente-Maritime
Charente-Maritime nimmt den Südwesten der Region mit der Gironde-Mündung und der Atlantikküste ein. Die zahlreichen Sandstrände machen die Küste zum beliebten Urlaubsziel, mit entsprechenden Begleiterscheinungen.
Wegen der ehemaligen Bedeutung von Rochefort als Marinearsenal findet man an diesem Küstenabschnitt viele Forts (Le Château-d'Oléron, Fort Louvois, Brouage, Fouras). Die Zitadelle von St-Martin-de-Ré gehört dem Weltkulturerbe der Vauban-Befestigungen an. Die Inseln Ré und Oléron sind durch Brücken mit dem Festland verbunden und reizvolle Ausflugs- oder Urlaubsziele (siehe unten). Sümpfe dehnen sich über weite Teile sowohl des Festlands als auch der Inseln aus, sie werden zur Muschel- und Austerzucht, auf Ré auch zur Salzgewinnung genutzt. Bei Frühjahrs-Hochwassern dehnt sich die Charente ungehindert auf mehrere Kilometer Breite aus.
Historisch gehörte das Land um La Rochelle zur Provinz Aunis, der Rest zur Provinz Saintonge. Hauptstadt der letzteren war die uralte Stadt Saintes mit Amphitheater und Triumphbogen aus römischer Zeit. Saintes liegt auch am von Paris bzw. Tours ausgehenden Zweig des Jakobswegs, von dem im Département auch noch die Stationen Aulnay, St-Jean-d'Angély und Pons zum Weltkulturgut gehören.
Deux-Sèvres
Deux-Sèvres bildet den Nordwesten der Region und liegt gleichermaßen abgelegen von großen Verkehrsachsen wie Touristenattraktionen. Am bekanntesten ist das dem Spreewald nicht unähnliche Sumpfgebiet Marais poitevin westlich von Niort, den sich das Département mit der Vendée und Charente-Maritime teilt.
Niort ist Präfektur und mit Abstand größte Stadt des Départements. In der Nordhälfte sind die drei Burgenstädte Thouars, Bressuire und Parthenay schön anzuschauen, letztere verbunden durch einen Radweg auf ehemaliger Bahntrasse.
Im Osten befindet sich eines der herausragenden Zeugnisse der Jungsteinzeit auf französischem Boden, die Nekropole von Bougon bestehend aus fünf großen, perfekt erhaltenen Grabhügeln. In Melle befindet sich eine der Jakobspilger-Stationen, 10 km nördlich in Beaussais das Museum des Protestantismus.
Vienne
Vienne schließlich ist im Nordosten der Region. Auffällig und für den geneigten Radfahrer nicht unwichtig ist die geographische Gliederung des Départements durch parallele Flusstäler in Nord-Süd-Richtung. Am Clain liegt mit Poitiers der Hauptort der Region. Poitiers ist eine Stadt der Kirchen, neben der Kathedrale sind u.a. auch Notre-Dame-la-Grande, St-Hilaire und Ste-Radegonde sehenswert, letztere einer thüringischen Prinzessin gewidmet. In Ligugé nahe Poitiers befindet sich das angeblich älteste Kloster des Abendlands.
Der Fluss Vienne lässt sich für eine effiziente Nord-Süd-Querung des Départements nutzen, auch wenn man nicht immer direkt am Fluss bleiben kann und gelegentliche Steigungen in Kauf nehmen muss. An seinen Ufern liegen u.a. die Unterpräfektur Châtellerault, der spektakuläre Burgflecken Chauvigny und der seit 2000 Jahren genutzte Friedhof von Civaux.
Die Creuse bildet die Nordost-Grenze des Départements. An ihrem Nebenfluss Gartempe findet man außer der beschaulichen Stadt Montmorillon die Abtei von St-Savin, ihrer Wandmalereien wegen im Weltkulturerbe. Am Nebenfluss Anglin wiederum befindet sich Angles, nicht nur im Klub der schönsten Dörfer Frankreichs, sondern auch eine bedeutende prähistorische Fundstätte.
Loudun im Nordosten ist Zentrum eines ehemals zum Anjou gehörenden Gebietsteils. Die hübsche Altstadt und die bizarren Skulpturen am Kirchenportal lohnen einen Abstecher, anschließend kann man eine Runde im Velodrom auf dem Burghügel drehen.
Infos für die Reise
Öffentliche Verkehrsmittel
Die Hauptorte der Region sind hervorragend ans französische Schienennetz angebunden. Von Paris-Montparnasse bestehen häufige Direktverbindungen nach Poitiers, Angoulême, Niort und La Rochelle per TGV mit Fahrradmitnahme. Royan und Saintes sind per Umstieg in Niort oder Angoulême zu erreichen. Von Straßburg aus gibt es auch Direktverbindungen nach Poitiers und Angoulême. Die Fahrzeit nach Poitiers beträgt von Paris aus 1:40 h, von Straßburg aus 4:40 h.
Campingplätze
Vor dem Eintragen neuer Plätze bitte die Hinweise auf Empfehlenswerte Campingplätze beachten.
Siehe auch die allgemeinen Bemerkungen zu Campingplätzen in Frankreich.
- 17370 Le Grand Village Plage (Île d'Oléron): Camping Municipal d'Orly. Liegt im Ortsteil la Giraudière an der D126 Richtung St-Trojan. Ist für alle Urlauber zugänglich. Wie auf den meisten Plätzen an der Atlantikküste ist es manchmal etwas lauter, die Sanitäranlagen sind auch nicht immer 100%ig sauber, aber der Camping ist kleiner und wesentlich günstiger als die meisten. Karte -- Pierrot 16:08, 6. Jan 2008 (CET)
- 17120 Grézac, Camping de la Ferme (auch "Camping Chenegron"), route de Cozes-Royan, 17120 Grézac, +33 (0)5-46909139. Etwas abseits auf einem idyllischen Bauernhof. Preis für 2 Personen mit Zelt: 6.60 Euro, absoluter Geheimtipp für Übernachtung kurz vor dem touristischen Atlantikufer (ca. 20 km bis Royan). Karte 2012 (i-simon)
Kartenmaterial
Für Touren im Inland reichen die Regionalkarten von Michelin bzw. dem IGN im Maßstab 1:250.000. Der Atlantikküsten-Radweg ist meist gut ausgeschildert (und die Orientierung ohnehin nicht schwierig).
Leihräder
In La Rochelle gibt es das Leihradsystem Yélo.
Routen
Im Wiki wird bislang eine Route in der Region detailliert beschrieben:
- Vélodyssée (Küstenradweg, Teil der EV1)
Wer die Region von Nord nach Süd durchqueren will, muss sich rechtzeitig Gedanken machen, wie er anschließend die Gironde bzw. Garonne überquert. Die letzten Brücken über die Garonne befinden sich bei Bordeaux. Weiter flussabwärts gibt es nur noch zwei Fähren bei Blaye und Royan. Details sind weiter unten beschrieben.
Vélodyssée
Der bereits oben genannte Radweg ist Teil einer frankreichweiten Radroute vom Ärmelkanal Richtung Spanien. Sie führt entlang der Küste, teilweise im Hinterland und berührt dabei u.a. La Rochelle, Rochefort, Marennes und Royan. Für die Querung der Gironde wird die Fähre in Royan empfohlen. In La Rochelle bzw. Marennes kann man über Abstecher auf die Inseln Ré bzw. Oléron nachdenken.
Die Vélodyssée macht speziell in der Region Poitou-Charentes mehrere unverständliche Umwege. Nördlich von La Rochelle lässt sich küstennäher auf kleinen Straßen fahren. Zwischen Rochefort und Marenne ist die Routenführung nicht nur umwegig und führt teils über Schlammpisten, sondern umgeht auch noch konsequent alle Sehenswürdigkeiten. Eine Alternative ist im Artikel zur Route unter Rochefort beschrieben. Die Abschnitte La Rochelle-Rochefort und Marennes-Royan lassen sich dagegen ohne Einschränkung empfehlen. Von Marennes nach Royan ist aber auch eine Inland-Route denkbar entlang der Sümpfe der Seudre (siehe La Tremblade).
Eurovelo 3
Auch die Eurovelo 3 ("Pilgerroute") soll eines Tages durch die Region führen, im Inland durch die Départements Vienne und Charente. Trotz des Namens findet man am vorgesehenen Verlauf keine Pilgerstätten. Die traditionelle Via Turonensis verläuft weiter westlich über Poitiers und Saintes.
Im Département Vienne gilt die Route als nicht fertiggestellt. Vorgesehen ist ein Verlauf, der von Tours kommend dem Tal des Flusses Vienne folgt. Man kann dem Flusslauf aber auch ohne Beschilderung auf kleinen Straßen folgen. Da dies nicht ohne Steigungen abgeht, ist dies aus Radfahrer-Sicht nicht optimal, und andere Routen wären denkbar.
Im Département Charente ist die Route laut Informationen von Eurovelo fertiggestellt. Tatsächlich ist sie aber (Stand 2014) nicht als EV3 ausgeschildert, sondern als Teil der Grand Huit Charentais (siehe unten). Die Route folgt zunächst den kleinen Straßen entlang der Vienne bis Exideuil, wo der Fluss einen markanten Bogen macht. Weiter geht es durch das Hügelland im Osten des Départements, dann im geschwungenen Verlauf nach Angoulême und anschließend nach Süden Richtung Bordeaux.
Grand Huit Charentais
Hierbei handelt es sich um einen ausgeschilderten Rundkurs durch das Département Charente. Der Kurs hat die Form einer Acht, deren Hauptachse zwischen Marthon und Angoulême liegt. Zur Hälfte gehört die Route zugleich der EV3 an. Die Route folgt zumeist kleinen Landstraßen, mit Ausnahme zweier ehemaliger Bahntrassen: zwischen Marthon und Le Quéroy (asphaltiert, nähere Infos) und zwischen Barbezieux und Clérac (ungetestet, Infos siehe hier und hier). Details zum übrigen Verlauf der Strecke sind der Webseite des Départements zu entnehmen.
Véloroute V43
Diese Route gehört zum Schema der Nationalen Radrouten und soll einmal von Caen am Ärmelkanal zur Atlantikküste bei La Rochelle führen. Im Département Deux-Sèvres soll die Route schon komplett ausgeschildert sein, wenn auch nicht unter diesem Namen (getestet auf einzelnen Abschnitten bei Thouars und Parthenay). Meist handelt es sich um kleine Landstraßen, bisweilen verbunden durch kurze Radwege. Obwohl die Route lange Zeit dem Fluss Thouet folgt, geht es viel auf und ab. Das Stück westlich von Niort durchquert den Marais poitevin (siehe unten) und ist flach. Nähere Infos zur Strecke sind hier.
Marais poitevin
Der Marais poitevin ist ein idyllisches Sumpfgebiet westlich von Niort. Man kann ihn entlang der Sèvre niortaise durchqueren. Das eigentliche Sumpfgebiet beginnt bei Coulon, das man per D9 von Niort über Magné erreicht (bis Magné auch per Radweg an der Sèvre möglich). Von Coulon bis Damvix hält man sich am Nordufer (kleine Straße bzw. gut ausgebauter Weg). Von Damvix bis Marans kommt man am auf schmalen Wegen direkt am Ufer weiter. In Marans trifft man auf die EV1 (Vélodyssée). Auch die oben genannte V43 durchquert den Marais, von Niort bis Damvix ist der Verlauf jedoch umwegiger. Wer das Hinterland erforschen möchte, kann dies auf einem ausgedehnten Netzwerk ausgeschilderter Radrouten tun (Details).
Radweg Parthenay-Bressuire
Im Département Deux-Sèvres verbindet ein 30 km langer Radweg auf ehemaliger Bahntrasse die beiden sehenswerten Städte Parthenay und Bressuire (Beschreibung). Die Oberfläche ist aus verdichtetem Sand. Vorteilhaft ist - wie bei allen Bahntrassen - das steigungsarme Profil im sonst leicht hügligen Umland. Nervtötend sind die Schikanen, die man an absolut jeder Wegkreuzung angebracht hat, selbst bei Trampelpfaden im Wald (siehe Foto).
Inseln
Die Île de Ré bei La Rochelle ist mit einer Brücke ans Festland angebunden, diese ist mit einem baulich getrennten Radweg versehen. Auf der Insel selbst gibt es ein großes Netz an Freizeit-Radrouten. Ré ist eine bei Touristen sehr beliebte Insel, gerade im Sommer ist viel Verkehr auf Straßen, aber auch auf den Radwegen.
Auch die Insel Oléron ist per Brücke ans Festland angeschlossen, hier ist auf jeder Spur ein Radfahrstreifen abmarkiert. Oléron ist größer und ruhiger als Ré und bietet ein Netzwerk kleiner Straßen und Radwege. Die Radwege verlaufen meist auf gut geschotterten Wegen abseits der Hauptstraßen durch Wälder, Sumpf- / Heideflächen und Landwirtschaft. Über das Radwegenetz der Île d`Oléron ist nahezu jeder Punkt der Insel erreichbar. Die Westküste der Insel ist vollständig mit zugänglichem Sandstrand gesäumt, während die Ostküste und auch das küstennahe Inselinnere zwischen Boyardville und Saint-Trojan-Les-Bains von der Austernwirschaft geprägt sind. Das Landesinnere bietet Weinfelder und Gemüseanbauflächen. Jeder touristische Ort verfügt über Fahrradverleihstationen mit Werkstatt, sowie Campingplätzen in allen Preisklassen.
Zusätzliche Info zur Anreise: Die Fährverbindungen nach Oléron, welche von Oléron Croisières durchgeführt werden, transportieren KEINE Fahrräder.
Brücken und Fähren
Neben den Brücken auf die Inseln gibt es noch weitere wichtige:
- Die Brücke über die Seudre zwischen Marennes und La Tremblade ist mit Radfahrstreifen versehen (Teil von Vélodyssée).
- Bei Rochefort befindet sich die letzte Brücke über die Charente, der Viaduc de Martrou im Zuge der Schnellstraße D733. Auch hier befinden sich in beiden Richtungen Radfahrstreifen. Reizvolle - aber nicht unbedingt zeitsparende - Alternative ist die direkt benachbarte Schwebefähre (Pont transbordeur). Ein Radweg am Flussufer verbindet das Stadtzentrum von Rochefort mit der Schwebefähre.
An der Gironde gibt es zwei Fähren: Royan - Le Verdon direkt an der Mündung sowie Blaye - Lamarque, bereits in der benachbarten Region Aquitaine. Der Tarif für eine Person mit Fahrrad beträgt bei beiden Fähren 4,90 Euro (Stand 2013).
Weblinks
- La Rochelle und Saintes in Wikivoyage
- Les VVV par région - Freizeitrouten in Poitou-Charentes
Reiseberichte im Forum:
- La Loire et La Vendée à Tandem von velolaf (2013)
- Tour de France 2011 von 2blattfahrer
- Von der Gironde an die Loire von StefanS (2011)
- Frankreich Ost-West und zurück von B-Probe (2009)