Velomobil: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 19. April 2010, 12:09 Uhr
Ein Velomobil ist ein vollverkleidetes Liegerad mit drei Rädern. Der Fahrer liegt bzw. sitzt von der Hüfte bis zu den Schultern auf einem Sitz mit stark geneigter Lehne.
Bauweise und Velomobiltypen
Die Rückenlehne ist in der Regel flacher als bei einem Reiseliegerad, wodurch das Velomobil niedrig ist und dem Fahrtwind eine geringe Angriffsfläche bietet. Dadurch ist das Velomobil auch länger als die meisten Liegeräder. Velomobile sind etwa zwischen 2,40 und 2,75 m lang.
Bei den meisten Velomobilen ist die Verkleidung Teil der tragenden Konstruktion. Es ist daher in der Regel nicht möglich, das Velomobil offen als Liegedreirad zu fahren.
Velomobile mit geschlossenem Radkasten sind meistens aerodynamischer, aber nicht so wendig wie Velomobile mit offenen Radkästen. Die Wartung der Bremsen ist bei geschlossenem Radkasten deutlich arbeitsintensiver, weil erst das Federbein ausgebaut werden muss.
Geschlossen
Bei geschlossenen Velomobilen nimmt der Fahrer - so wie beim Auto - die Außenwelt durch Fenster wahr. Bei einigen Modellen sind die Seitenscheiben herausnehmbar. Zum Ein und Aussteigen wird das Velomobil aufgeklappt. Bei stark geneigten Scheiben kann die Sicht bei Regen, Dunkelheit und Gegenverkehr erheblich eingeschränkt sein. Außerdem können die Scheiben von innen durch den Schweiß des Fahrers beschlagen; unterschiedliche Lüftungskonzepte (teils elektrisch) reduzieren dieses Problem.
Offen
Offene Velomobile haben eine Öffnung, die meistens auch dem Ein- und Aussteigen dient. Mit einem Schaumstoffeinsatz kann diese Öffnung soweit verkleinert werden, dass nur noch der Kopf aus dem Velomobil herauslugt. Dies verbessert die Aerodynamik und den Wetterschutz. Optional ist ein Dach möglich, wobei die Seiten offen bleiben. Wenn das Dach nach vorne lang genug ist, kommen Regentropfen nicht ins Gesicht des Fahrers. Auch ein Regenhut mit breiter Krempe hilft. Außerdem gibt es für einige Modelle eine geschlossene Haube als Aufsatz, die allerdings hauptsächlich für beste Aerodynamik bei Rennen gedacht ist; wegen schlechter Sicht zur Seite sind Rennhauben nicht für den Alltag oder Radreisen geeignet, zumal die Velomobile nicht ausreichend Platz zum Transport der Rennhauben bei gutem Wetter haben.
Für und Wider
Die Vor- und Nachteile ähneln denjenigen von Liegerädern gegenüber aufrechten Fahrrädern.
Vorteile
- Erheblich windschnittiger, daher sind in der Ebene Geschwindigkeiten zwischen 35 und 45 km/h üblich. Je besser man trainiert ist, desto stärker wirkt sich dieser Vorteil aus.
- Erheblich komfortabler und damit entspannteres Fahren, besonders durch:
- Keine Druckstellen am Gesäß wegen großflächiger Unterstützung des Rumpfes
- Keine Belastung für Hände, Handgelenke, Arme und Schultern (der Lenker liegt locker auf dem Bauch oder ist in Form eine „Panzerlenkung“ an beiden Seiten).
- Entspannte Nackenhaltung (bei korrekter Sitzeinstellung schaut man gerade nach vorne und muss den Kopf weder nach unten neigen noch in den Nacken nehmen)
- Sehr entspanntes Fahren bergauf, weil man kein Gleichgewicht halten muss.
- Das Fahrverhalten mit Gepäck ändert sich nur minimal gegenüber dem Fahren ohne Gepäck.
- Hervorragender Wetterschutz
- Hohe Gepäckkapazität
- Durch einseitige Aufhängung der Vorderräder (bei vielen Velomobilen auch des Hinterrads) ist ein Schlauch- und Reifenwechsel ohne Radausbau möglich
Nachteile
- Durch die geringere Sitzhöhe kann man nicht über PKW schauen, auch viele Brückengeländer und Deiche versperren die Sicht in die Landschaft)
- Mit ca. 28-36 Kg deutlich schwerer als aufrechte Reiseräder. Speziell bei vielen Ampelstopps und am Berg ein Nachteil.
- Kaum zu tragen, sehr sperrig. Transport nur mit Fähren, dem Auto und in bestimmten Eisenbahnwaggons (breiter Einstieg ohne Stufen) sinnvoll. Radreisen müssen daher häufig zu Hause beginnen und enden.
- In schwierigem Gelände ist es kaum möglich, die Balance durch Körpereinsatz zu halten
- Geringer Lenkeinschlag. Umlaufsperren sind kaum zu überwinden.
Tipps
Auf dem Velomobil werden andere Muskelgruppen beansprucht als beim aufrechten Rad, sodass eine Umgewöhnung erforderlich ist. Insbesondere der Geschwindigkeitsvorteil durch die bessere Aerodynamik stellt sich erst nach einiger Zeit ein. Man spricht hier von etwa 1000 Kilometern.
Fahren mit Klickpedalen ist dringend empfohlen, weil man sonst leicht von den Pedalen abrutschen kann. Außerdem ermöglichen sie, auch mal die „Füße hängen zu lassen“ und entlasten damit die Muskulatur - ansonsten müssen die Beinmuskeln nicht nur den Vortrieb leisten, sondern auch noch die Beine hochheben, damit sie auf den Pedalen bleiben. Und schließlich erleichtern Klickpedale enorm einen runderen Tritt, wodurch Muskelkraft effizienter eingesetzt werden kann.
Durch die Abstützung im Sitz kann man enorm viel Druck auf die Pedale bringen, unabhängig vom Körpergewicht. Das kann allerdings die Knie schädigen, sodass man dies nur kurzzeitig tun sollte. Eine hohe Trittfrequenz ist daher gerade beim Liegerad dringend zu empfehlen.
Menschenscheu darf man als Velomobilfahrer auf gar keinen Fall sein. Ein Velomobil erregt immer Aufmerksamkeit.
Velomobil als Reiserad
Fährt man ausschließlich Straßen und kann die Radreise zu Hause beginnen und enden, so ist ein Velomobil wegen des Komforts ein sehr gutes Reiserad.
Die Gepäckkapazität ist bei den meisten Modellen sehr hoch. Nur wenige, sehr sportliche Velomobile mit geringer Windangriffsfläche haben einen kleinen Kofferraum. Wegen des oft zerklüfteten Gepäckraums sollte man viele kleine Taschen statt weniger großer einplanen.
Trinkflaschen kann man in großer Zahl im Inneren mitnehmen. Weil man auf gerade Strecke freihändig fahren kann, kann man ohne Probleme Schraubverschlüsse bedienen.
Trommelbremsen sind sehr verbreitet, weil sie extrem wartungsarm sind. Durch die weitgehend geschlossene Konstruktion kommt kaum Dreck an die Bremsen, sodass sie mehrere zigtausend Kilometer ohne Belagwechsel halten können. Allerdings ist die Bremsleistung von Trommelbremsen gering, sodass vergrößerte Trommelbremsen (90 statt 70 mm) und Scheibenbremsen eine gewisse Verbreitung haben. Gerade bei geschlossenen Radkästen können Bremsen überhitzen, sodass bei langen Abfahrten Bremsfallschirme zum Einsatz halten, welche die Geschwindigkeit auf etwa 40 km&h begrenzen. Ein großer Fallschirme führt beim Werfen aus hoher Geschwindigkeit zu einem Ruck, der die Stabilität gefährden kann; zwei kleine Fallschirme, die man nacheinander wirft, sind daher besser.
Die Kette ist weitgehend gekapselt und verschleißt daher erheblich langsamer als bei anderen Fahrrädern. Es ist durchaus möglich, mit einer Kette, den Kettenblättern und einem Ritzelpaket 100.000 km zu fahren. Dann müssen aber alle diese Teile zusammen gewechselt werden.
Kaufentscheidungshilfen
Eine Probefahrt ist absolut unerlässlich. Am Anfang fühlen sich viele ob der engen Platzverhältnisse unwohl, speziell in geschlossenen Velomobilen. Das gibt sich meistens nach kurzer Zeit und der Komfortgewinn steht klar im Vordergrund.
- Nutze das Internet, um dir einen Überblick über das Liegerad zu verschaffen, lese Reiseberichte, verfolge Foren (z.B. das Velomobilforum).
- Nutze Veranstaltungen (Spezialradmesse Germersheim, CycleVision Lelystad/Zandvoort). Dort kann man schon mal probefahren.
- Da man bei Schlaglöchern und Bordsteinkanten nicht aus dem Sitz gehen kann, ist eine Federung praktisch Standard. Sehr sportliche Velomobile verzichten gelegentlich auf eine Heckfederung.
- Gebraucht oder neu? Gebrauchtmobile findet man HPV-Gebrauchtmarkt und im Velomobilforum.
- Installiere einen Trittfrequenzmesser. Du kannst somit vermeiden niedertourig und mit zu hoher Kraft zu fahren. Allgemein sollte Trittfrequenz 90 nicht unterschreiten.
- Mitunter verbessern oder verschlechtern andere Reifen oder das Fahren mit Gepäck etc. das Fahrverhalten. Probiere es einfach aus.
Hersteller
Velomobiel: Quest und Strada
Sinner/Ligfietsgarage Groningen: Mango
Cab-Bike
Flevobike: Versatile
Leitra
Milan
Beyss: Go One
Bike Revolution: Thunderstorm (Leitra-Variante)